Am 14.3.2008 hat der Gleitschirmpilot Hugo Robben vom Schleppgelände im niederländischen Toldijk aus einen für diese Jahreszeit im Flachland sicher rekordverdächtigen Flug über 156 km bis nach Lippstadt hingelegt. Dabei flog er mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 50 km/h und Spitzenwerten von über 75 km/h. Es muss also ein stark windiger Tag gewesen sein. Aber wie waren tatsächlich die Wetterbedingungen? Wo bekommt man überhaupt die Infos, um so einen Flugtag im Nachhinein noch einmal zu analysieren? Martin S. hat mich das per Mail gefragt und gleich angeregt, ob ich die Antwort nicht als Blogbeitrag schreiben könnte. Bitteschön:

Natürlich gibt es auch im Internet einige Wetterarchive mit Wetterkarten, Temps und Satellitenbildern, die man dafür gut nutzen kann. Die wichtigsten sind bei den Wetterlinks des DGC Siebengebirge unter dem Stichpunkt Wetter-Archive zu finden. Interessant sind zudem noch Archive von Satellitenbildern.

Folgt man diesen Links, kann man sich schnell ein ungefähres Bild der Lage machen. Schauen wir uns erst einmal eine archivierte Bracknell-Wetterkarte an (wenn man aufs Bild klickt, öffnet sich eine größere Version). Die Wetterkarte ist von 00 UTC am 15.03, also etwa einen halben Tag nach dem Flug, sollte aber noch ungefähr die Verhältnisse abbilden. Eine Front bzw. Luftmassengrenze zieht sich quer über Mitteleuropa. Dort sind viele Wolken zu erwarten. Interessant ist aber Situation über Norddeutschland, also postfrontal. Dort sind die Isobaren deutlich antizyklonal gekrümmt, also in Richtung des Hochs im Süden. Eine antizyklonale Krümmung steht immer für eine Wetterbesserung, Absinkbewegungen in der Atmosphäre und entsprechende Wolkenauflockerung. So eine Lage spricht für Labilität in den unteren Luftschichten (durch die Frontpassage), aber eine Stabilisierung von oben, was Überentwicklungen verhindern sollte.

Schauen wir uns als weiteres mal ein Satellitenbild des 14.03. um 12.45 UTC an. Hier sieht man sehr schön, was die Wetterkarte schon andeutete. Ein dichtes Wolkenband entlang der Front. Über Norddeutschland aber deutliche Wolkenauflockerung. Wenn man genauer hinschaut, kann man sogar eine Reihe von Wolkenstraßen erkennen. Das spricht zum einen für ordentlich Wind, aber halt auch thermische Verhältnisse, denn diese gereihten Cumuli müssen ja irgendwie entstanden sein.

Um das genauer überprüfen zu können, lohnt sich natürlich noch ein Blick in die Daten eines Ballonsondenaufstiegs aus der Gegend. Ein gutes Archiv der europäischen Ballonsondenaufstiege findet man hier. Ich habe dort den Temp von De Bilt vom 14.3. um 12 UTC herausgefischt, der am besten zur Flugregion passen sollte. Es zeigt sich ein sehr thermischer Gradient in den ersten 1300-1500m. Darüber ein sehr trockener Bereich (die Absinkzone), der alle Überentwicklungen stoppen sollte. Dazu 10kt Wind am Boden und bis über 20 Knoten aus WNW in der Höhe. Das entspricht wahrscheinlich dem, was Robben so bei seinem Flug erlebt haben sollte.

Im Grunde hat Robben sich den Zeitpunkt mit einer besonders thermikträchtigen Luftmasse kurz nach Frontpassage hervorragend ausgewählt. Allerdings gehört auch schon einiges Können dazu, die bei diesem Wind sehr stark versetzten Thermikschläuche einigermaßen sauber auszudrehen. Der Track zeigt denn auch seeehr weit gezogene Schleifen.