Doppeldiagonalen im Außenflügel des Cayenne 4.
Bild: Skywalk
Im dritten Teil meiner Serie zu den leistungsfördernden Konstruktionsmerkmalen bei modernen Gleitschirmen geht es heute um die doppelten Diagonalrippen.

Bei den ersten Gleitschirmen war noch jede Zelle einzeln mit Leinen aufgehängt. Ein großer Fortschritt in der Geschichte der Gleitschirmentwicklung war die Einführung von Diagonalrippen. Sie gehen vom Aufhängungspunkt einer Leine seitlich ab und sind an die benachbarten Profilrippen angenäht. So wird die Zugkraft einer Leine automatisch auch auf die rechts und links stehenden Rippen verteilt. Dadurch ist es möglich, den Schirm mit weniger Leinen "aufzuhängen" und trotzdem eine flugfähige Form zu halten.

Da die Leinen im Flug einen beträchtlichen Widerstand erzeugen, bedeutet die Reduktion der Leinen automatisch einen Leistungssprung. In den letzten Jahren waren fast alle Hersteller bemüht, durch neue Layouts bei der Beleinung (weniger Stammleinen, die sich auch erst näher an der Kappe weiter aufteilen) möglichst Leinenmeter einzusparen.

Neuerdings probieren erste Hersteller aber noch einen weiteren baulichen Kniff: Sie nutzen Doppeldiagonalen, das heißt: Von einem Leinenaufhängungspunkt gehen Diagonalrippen nicht nur zu den jeweils nächsten Profilrippen, sondern auch noch weiter zu den übernächsten. Dadurch wird es möglich, von einem Leinenaufhängungspunkt zum anderen jeweils vier Zellen zu überspannen. So braucht man weniger Aufhängungspunkte und somit auch Leinenmeter.

Bild: Gradient
Der erste Schirm, der konsequent auf diese Technik setzt, ist der neue Aspen-4 von Gradient, ein EN-C. An der Kappe gibt es nur noch 48 Aufhängungspunkte, der Schirm fliegt mit nur 239 Meter Leinen. Mit dieser Konfiguration erreicht er angeblich eine Gleitzahl von deutlich über 10.

Ein zweites Beispiel ist der Cayenne-4 von Skywalk. Dieser besitzt die Doppeldiagonalen allerdings nur im Außenflügel, um auf jeder Seite einmalig 4 Zellen zu überspannen. Allerdings ist damit zu rechnen, dass in Zukunft noch weitere Hersteller mit solchen Lösungen experimentieren werden.

Ob diese Bauweise auch Nachteile mit sich bringt, und welche, bleibt abzuwarten. Vom Aspen-4 schreiben Piloten, er vermittle schon ein etwas ungewöhnliches Fluggefühl, weil die Kappe im Flug zwar kompakt, doch auf eine ganz eigene Weise "wabbelig" wirke.

Durch die Konzentration von mehr "tragenden" Kräften an einem Punkt ist in der Kappe auch ein größerer struktureller Aufwand zu betreiben, um die Form zu halten. Im Aspen-4 sind im Inneren deutlich mehr Versteifungen mit Mylar und z.T. auch Nylondrähten verbaut als in früheren Modellen dieser Serie. Interessant ist hier die Frage, inwieweit der reduzierte Leinensatz mit den größeren Abständen zwischen den Stammleinen zusammen mit den steiferen Elementen im Flügel zu riskanteren Verhängern führen kann.

Die Erfahrung wird auch zeigen müssen, wie solche Schirme reagieren, wenn sie älter werden. Die Trimmung von Leinensätzen kann mann checken und verändern. Was ist aber mit der schleichenden Vertrimmung eines Flügels, die sich durch das Altern des Tuchs der Diagonalen ergibt? Könnte diese bei den längeren Doppeldiagonalen eher mal auffällig werden?

Alle Teile der Serie Leistungsdrang:
C-Wires, Mini-Ribs, Doppel-Diagonalen, 3D-Shaping.