Auch nach Ende des PWC Superfinales und der offiziellen Stellungnahme von Ozone zu den Ursachen der verlängerten Hinterkante aller Enzo 2 im Wettbewerb reißen die Diskussionen um Enzogate nicht ab. Im Gegenteil: Vor allem unter den Mitgliedern der Herstellervereinigung PMA laufen derzeit die Drähte heiß. Viele haben den Eindruck, von Ozone regelrecht vorgeführt zu werden. Einige Ereignisse des Wochenendes haben sie in dieser Einschätzung eher noch bestärkt.

Da ist zum einen die Stellungnahme von Ozone. Darin entschuldigt sich das Unternehmen zwar für die Aufruhr, für die es mit dem "Fehler" gesorgt habe, die durch Abnäher verkürzte Hinterkante des Testmodels nicht in die Produktion zu übernehmen. Doch aus der Erklärung geht nicht hervor, dass dies unabsichtlich geschah. Vielmehr heißt es dort wörtlich: "We did not see (and the EN does not state) the trailing edge as a measure of conformity." (Wir haben die Hinterkante nicht als Maßstab für die Konformität angesehen, was die EN-Norm auch nicht verlangt). Viele sehen darin das Eingeständnis, eine Regellücke ausgenutzt zu haben.

Ein zweites großes Ärgernis ist das Vorgehen Alain Zollers, dem Chef der Zulassungsstelle Air Turquoise. Zoller hatte am Samstag das eingelagerte Muster nochmals testgeflogen, zuvor allerdings alle vorhandenen Abnäher an der Hinterkante entfernt, um diese zu verlängern - angeblich um so dem realen Produktionsmuster zu entsprechen. Ozone-Chef Mike Cavanagh verkündete anschließend, dass auch dieser Enzo 2 mit längerer Hinterkante in den Tests EN-D-konform reagiert hätte.

Allerdings hat Zoller damit etwas gewagt, was nirgendwo in den Regeln der EN vorgesehen ist: Er hat einen zertifizierten Referenzschirm nachträglich verändert. Ozone hatte beim PWC Superfinale auf Drängen der Organisatoren eine schriftliche Garantie abgegeben, dass die Enzo 2 im Wettbewerb zum getesteten und eingelagerten Muster "konform" sind. Diese Konformität kann nun gar nicht mehr ermittelt werden, weil das Beweisstück selbst schon nicht mehr das gleiche ist. Dass Zoller als Leiter einer Zulassungsstelle hier im Sinne von Ozone dazu beiträgt, Dinge zu vertuschen, stößt vielen sehr übel auf.

Fraglich ist ebenfalls das Procedere des Nachtests am Samstag. Nach Darstellung des XC-Magazine unternahm Zoller zwei Testflüge, einmal beschleunigt, einmal unbeschleunigt. Zu einem kompletten EN-Testprogramm gehört allerdings, dass ein Flügel an der unteren und der oberen Gewichtsgrenze geflogen wird, was üblicherweise zwei unterschiedliche Piloten verlangt. Inwieweit der Enzo 2 mit längerer Hinterkante nun tatsächlich als zugelassen gelten kann, darüber wird heftig gestritten.

Vehement kritisiert werden von einigen PMA-Mitgliedern auch die Organisatoren des PWC, weil sie sich nicht an ihre eigenen Regeln gehalten hätten. In den Competition Rules des PWC heißt es: "Only certified gliders are allowed in World Cup competitions up to EN 926 or LTF 91/09. It is not permitted to modify the glider in any way, except for the length of the brake main-line." (Bei den Wettbewerben des Weltcups sind nur Schirme erlaubt, die gemäß EN 926 oder LTF 91/09 zugelassen sind. Es ist nicht erlaubt, die Schirme in irgendeiner Weise zu verändern, mit Ausnahme der Hauptbremsleine.) Demnach wäre eigentlich eine Disqualifizierung der Enzo 2 unumgänglich gewesen. "Diese PWC-Entscheidung zieht den gesamten Gleitschirm-Wettbewerbssport in ein sehr tiefes Scheißloch", heißt es in einer der Emails zwischen den PMA-Mitgliedern. Wenn Regeln nicht eingehalten würden, könne es keine fairen Gleitschirmwettbewerbe mehr geben.

Wie PMA-Geschäftsführer Hans Bausenwein bestätigte, haben einige PMA-Mitglieder den Antrag gestellt, Ozone die PMA-Mitgliedschaft zu entziehen. Ihr Vorwurf lautet, Ozone habe gegen  Artikel 10 der PMA-Satzung verstoßen. Darin heißt es (u.a.): "Von den Mitgliedern wird aufrichtiges und moralisch korrektes Geschäftsgebahren erwartet. Dies bedeutet, dass alle Veröffentlichungen in jeglicher Form der Wahrheit entsprechen müssen. Dies ist besonders wichtig im Bezug auf Musterprüfungen und sicherheitsrelevante Angelegenheiten." Über den Antrag soll bei einer Sitzung im Februar beraten werden.