Der Lightning ist ein leichter Blacklight mit verfeinertem Handling.


Die im folgenden beschriebenen Eindrücke zum U-Turn Lightning wurden in längeren Flügen mit teils sehr kräftiger Thermik in Piedrahita (Spanien) gewonnen. Geflogen bin ich den Lightning in Größe SM (75-100 kg) mit rund 90 kg Startgewicht. Das Gurtzeug war ein Karpofly Extra Light (Liegegurtzeug). Der Schirm wurde mir für den Test freundlicherweise von U-Turn zur Verfügung gestellt.

Schon vor einem Jahr hatte ich den Blacklight von U-Turn getestet und ihn als "gelungenen Allrounder" in der Highend B-Klasse bezeichnet. Der Lightning ist die Leichtversion des Blacklight, mit angeblich noch einem Quentchen mehr an Leistung. Mich interessierte allerdings weniger, dieses Plus zu bestätigen, sondern mehr, ob und welche Unterschiede ich im Handling des rund 700 Gramm leichteren Lightning ausmachen könnte. Sollte es sich für einen Normalpiloten wirklich lohnen, die Leichtversion zu wählen - bei allen möglichen Einschränkungen, die man sich damit einfängt? In der Luft, soviel sei schon mal verraten, ist der Lightning ein sehr angenehmer Fluggenosse, den ich in punkto Thermikhandling aktuell im engen Favoritenkreis der Highend EN-B-Klasse sehen würde. Welche Qualitäten er sonst noch besitzt, könnt ihr im weiteren nachlesen.

Technisch ist der Lightning dem Blacklight sehr ähnlich. Die Gewichtseinsparungen wurden vor allem durch ein leichteres Tuch (27 gr/m²) erreicht. Bis auf die Vorderkante, die aus 36er Skytex genäht ist, besteht der Flügel durchgängig aus 27er Skytex - gut erkennbar an den doppelt so breiten Ripstop-Kästchen des Leichttuches. Der Tragegurt ist aus besonders schmalem Gurtband gefertigt, und statt Schraubkarabinern als Gurtschlössern findet man Softlinks. An Nylon-Drähten im Inneren hat U-Turn nicht gespart. Wie beim Blacklight sind die Stäbchen nicht nur in der Eintrittskante zu finden, sondern auch als lange Stauchstützen an fast allen Rippen über der C-Ebene am Obersegel. Beim Lightning sind nur etwas weichere, knickunempfindlichere und deshalb packfreundlichere Stäbchen als beim Blacklight zu finden. Sie sind allerdings etwas dicker. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum die Gewichtseinsparung in der getesteten Größe SM am Ende "nur" 700 Gramm beträgt. [Hinweis: Der Blacklight gehört in der Normalversion mit knapp 5 kg in der Größe SM schon zu den leichten Schirmen seiner Klasse.]

Der Lightning lässt sein Innenleben durchscheinen.
Starten: Das Aufziehen der Kappe gelingt sehr zuverlässig und ist angenehm kontrollierbar. Wie schon beim Blacklight steigt die Kappe dabei deutlich homogener, wenn man nicht nur die Inneren, sondern auch die äußeren A-Leinen beim Aufziehen mit in die Hand nimmt.
Gespannt war ich auf die Starkwindtauglichkeit des Lightning. Viele Leichtschirme haben die unangenehme Eigenheit, mit ihrem leichten Tuch sich schon bei der ersten Böe unkoordiniert in die Lüfte schwingen zu wollen. Doch der Lightning ist anders. Einmal bogenförmig mit leicht vorgefüllter Eintrittskante in den Wind gelegt, bleibt er einfach hocken, bis man ihm einen eindeutigen Impuls zum Aufstieg gibt. Aufwärts geht es dann auch nur mit konstantem Zug auf den A-Leinen. Obwohl die Kappe leicht ist, lässt sie sich nur ungern in einem Schwebezustand in der Powerzone des Windes halten. Ohne klaren Zug auf den Leinen fällt sie schnell zurück. Groundhandling-Fetischisten werden das vielleicht bemängeln. Im Flieger-Startalltag werte ich das als Sicherheitsplus.
Etwas komplizierter wird es, wenn man den Lightning beim Start auch über die C-Ebene steuern will. Die C-Gurte sind geteilt, wobei die äußeren C auf einem Durchläufer sitzen. Man muss schon sehr genau schauen, wenn man in die Gurte greift, um auch beide zu erwischen. Sonst wird es schwer, dem Lightning über C eine Richtungskorrektur aufzuzwingen.

Landen: einfach bis mittel. Die gute Gleitleistung verlangt eine etwas großräumigere Landeeinteilung.

Bremsen: Die Bremsen des Lightning haben einen klassentypischen Vorlauf. Halb gewickelt geflogen liegt der typische Arbeitsbereich beim Flug in einem angenehmen Zugfenster, er erscheint mir etwas knapper als beim Blacklight. Der Bremsdruck ist mittel und vermittelt auch schon bei leichtem Zug einen guten Kontakt zu Kappe.

Kappenfeedback: Wie schon der Blacklight kommuniziert der Lightning über alle Kanäle mit dem Piloten. Während bei vielen modernen Schirmen mit nur 3 Leinenebenen die Bremse als Infoquelle nahezu ausfällt, bekommt man hier sehr feine Rückmeldungen geliefert. Im Vergleich zum Blacklight würde ich den Lightning sogar in diesem Punkt als noch differenzierter bezeichnen. Selbst kleine Entlaster an den Ohren werden direkt angezeigt und können sofort behoben werden. Auch Schwankungen in der Auftriebstärke werden gut spürbar übertragen. Zusammen mit dem klaren Popometer-Feedback über die Tragegurte bietet der Lightning eine echte Lesehilfe für die Luftbewegungen. Da macht das Thermikfliegen Freude.

Gewichtssteuerung: Der Lightning reagiert auf Gewichtsverlagerung leicht verzögert. Ein stärkeres Rollen nur durch Aufschaukeln mit dem Popo zu erreichen, verlangt schon ein gutes Timing.

Kurvenflug: Sehr angenehm. Von flach bis steil ist alles möglich, auch wenn der Schirm kein ausgesprochener Flachdreher ist. Etwas größere Schräglagen liegen dem Lightning eindeutig mehr, zumal er nicht zum Graben neigt. Im Vergleich zum Blacklight zieht der Lightning etwas direkter, d.h. ohne Verzögerung in die Kurven. Einmal in der Schräge eingestellt, bleibt er sehr willig auf seiner Bahn, ohne ständig nach Korrekturen zu rufen, selbst in inhomogenen Bärten.

Thermikeigenschaften: Das Thermikfliegen mit dem Lightning ist für Piloten, die mit den feinen Rückmeldungen der Kappe etwas anzufangen wissen, eine Wonne. Vor allem das sehr differenzierte Druckbild an der Bremse macht es leichter, den Steigkern genau zu zentrieren. Einmal kurz gegen den "Thermikdruck" nachgezogen, schon zieht der Flügel schräger stehend seine Kreise. Es empfiehlt sich ein etwas engeres Kurbeln, da sich der Lightning bei flachen Kreisen gern mal nach außen abdrängen lässt. Sehr angenehm ist beim Thermikfliegen die hohe Pitchstabilität. Der Flügel zieht gut in die Bärte rein, ohne sich aufzubäumen, und muss beim Rausfallen selten einmal mit tiefer Bremse abgefangen werden.

Beschleuniger: Der Beschleuniger des Lightning ist leicht zu treten und zu halten, allerdings kommt er in diesem Punkt nicht an z.B. den Sigma 9 heran. Auch ein Rush 4 ist da noch etwas softer. Bei Halbgas legt die Kappe um 6-7 km/h zu, voll beschleunigt kommen weitere 5-6 km/h drauf. Damit erreicht der Lightning Topgeschwindigkeiten um die 50 km/h. Wie schon der Blacklight verliert auch der Lightning "Rolle auf Rolle" etwas von seiner Laufruhe. Die schon genannten Sigma 9 oder Rush 4 sind beim Highspeed-Cruisen spurstabiler.

Ohren anlegen: Bei nur 2 Stammleinen pro Seite sind die Ohren von Anfang an recht groß und die Sinkwerte hoch. Erfreulicherweise schlagen die herabhängenden Flügelspitzen nicht und gehen nach dem Freigeben leicht verzögert Zelle für Zelle wieder auf.

Steilspirale: Tadellos. Schräglage und Sinkgeschwindigkeit lassen sich sehr gut über Innen- und Außenbremse dosieren. Die Fliehkräfte bleiben moderat. Die Kappe zeigt bei Freigabe der Innenbremse recht bald ein Aufrichtmoment.

Frontklapper: keine Auffälligkeiten, symmetrisches Anfahren.

Seitenklapper: Ich habe kleinere und größere Klapper bis 60% gezogen (nur unbeschleunigt). Der Lightning klappt dabei vergleichsweise flach ein, dreht schnell um 90 Grad ab, verzögert dann und öffnet kontinuierlich. Zumindest bei solchen moderaten Klappern verhält er sich deutlich weniger dynamisch als manch andere Highend-B-Schirme wie Mentor 3 oder Chili 3.  
[Anmerkung: Im DHV-Sicherheitstest entpuppte sich der Blacklight bei sehr großen Klappern als anspruchsvoll. Ähnliches dürfte vermutlich für den Lightning gelten, was ich bei meinen Testflügen in der Praxis jedoch nicht erlebt habe. Bis auf gelegentliches Ohrenwinken blieb der Lightning selbst in heftiger Passthermik mit Scherwinden stabil und sehr vertrauenserweckend].

Nicken: Die hohe Pitchstabilität des Lightning zeigt sich auch beim induzierten Nicken. Es braucht etwas mehr Input, um größere Oszillationen zu erreichen. Der Flügel lässt sich gut ohne übertriebenen Bremseinsatz abfangen.

Rollen: Nur mit Gewichtsverlagerung geflogen, ist es schwer, den Lightning höher aufzuschaukeln. Zusammen mit dosiertem Bremseinsatz sind hohe und harmonische Schwünge kein Problem.

Teilweise eingefärbte Leinen, aber der Stabilo ist
unscheinbar grau. Sicherheitstechnisch schlecht gelöst.
Sonstige Auffälligkeiten: Wie der Blacklight besitzt der Lightning einen nahezu komplett unummantelten Aramid-Leinensatz. Nur der untere Teil der Bremsleine ist ummantelt.
Die wenigen Leinen fallen relativ gut auseinander. Und anders als beim Blacklight, bei dem ich noch das einfarbige Grau-Braun aller Leinen monierte, sind sie beim Lightning nun unterschiedlich durchgefärbt. Allerdings frage ich mich, warum der Designer eine so seltsame Farbsystematik gewählt hat? Innere A = graubraun, äußere A = rot, innere B = graubraun, äußere B = gold, Stabilo = graubraun, innere C = graubraun, äußere C = grün, Bremse = gelb. Störend fällt dabei vor allem das unscheinbare Graubraun der dünnen Stabilo-Leine ins Auge - oder eben nicht ins Auge. Ich halte es für ein echtes Sicherheitsmanko, wenn sich Hersteller immer noch erlauben, die im Falle eines Verhängers so wichtigen Stabilo-Leinen nicht eindeutig zu markieren, so dass man sie schnellstmöglich aus einem Leinenwust herausgreifen kann! Zumal der Lightning die gleiche verhängerfreundliche Stabilo-Anlenkung besitzt, die ich schon im Blacklight-Test kritisierte.

Softlinks anstatt Schraubglieder.
Eine weitere Besonderheit des Lightning ist von kurzen Neopren-Hüllen verborgen: Anstatt metallene Leinenschlösser besitzt der Flügel so genannte Soft-Links aus Dyneema. Man findet diese bei immer mehr Leichtschirmen, auch wenn der Sinn ihres Einsatzes durchaus hinterfragt werden kann. Die Gewichtseinsparung und die auf dem Papier höhere Bruchlast dürfte de facto eher kosmetischer Natur sein. Dafür fängt man sich als Pilot ein paar Schwierigkeiten ein. Denn die Erfahrung von Wartungsbetrieben zeigt, dass sich diese kleinen Softlinks so extrem fest ziehen, dass man die Schlaufe von Hand gar nicht mehr geöffnet bekommt. Wer also mal eine Leine austauschen will, wird letztendlich den Softlink durchschneiden müssen. Und auch das Nachtrimmen ist nicht in gleicher Form möglich wie bei Metall-Schraubgliedern, die einen definierten Materialradius bieten, um den man mit verschiedenen Knoten entsprechende Leinenverkürzungen vornehmen kann. Auf Softlinks als Marketing(?)-Gimmick könnte ich bei diesem Schirm getrost verzichten.

Packen: Der Lightning wurde mir mit einem normalen Innenpacksack geliefert. Die weichen Stäbchen erlauben ein nahezu bedenkenloses Zusammenfalten. Das Packmaß des Lightning ist um rund ein Viertel kleiner als das des Blacklight (der auch schon relativ klein zu packen ist). Im Vergleich zu anderen Leichtschirmen liegt er wegen der durchgängigen "Verstäbelung" aber nicht an der Spitze der Kleinstpackmaße.

Qualität: Der Schirm zeigt ein sauberes Nahtbild, alle Leinen sind sauber verspleist und vernäht. Das leichte 27-Gramm-Tuch mit seinem gröberen Ripstop-Muster ist aber "spürbar" empfindlicher als die beim Blacklight verwendeten Tuchqualitäten.

Fazit: Mit dem Lightning ist es U-Turn gelungen, den Blacklight in seinen Flugqualitäten noch einmal zu verfeinern. Die direkte Ansprache, das genaue Feedback, aber auch die Pitchstabilität beim Thermikfliegen gehören zum Angenehmsten, was man derzeit im Highend B-Sektor finden kann. Eine gelungene Mischung aus Stabilität und Feinfühligkeit. Allerdings fragt man sich, wo U-Turn diesen Schirm positionieren will? Für einen echten Bergschirm packt er sich noch etwas groß, für einen Alltagsschirm für Flüge auch mal abseits von Wiesenstartplätzen erscheint er mir vom Tuch her etwas zu empfindlich (auch wenn U-Turn im Marketing durchaus die Alltagstauglichkeit verspricht). Hinzu kommen fragwürdige Gimmicks wie die Softlinks als Leinenschlösser. Wem es auf 700 Gramm und das vielleicht kleine Quentchen Leistung nicht ankommt, der sollte im Alltag mit einem Blacklight meines Erachtens besser bedient sein.

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