Zweileiner sind Gleitschirme, bei denen die Last des Piloten an der Kappe nur von zwei Leinenebenen getragen wird: A und B. Verbreitet ist diese Konstruktionsweise bisher nur bei Wettkampfschirmen, weil sie zwar Leistungsvorteile bringt, aber in der Regel auch mit einem anspruchsvolleren Klappverhalten einher geht. Vor allem bei großen Frontklappern über 50 Prozent Flächtentiefe bleibt kein von einer Leine gestützter Flügelteil mehr stehen. So ein Vorfall bei einem Zweileiner wird zwangsläufig zum "Totalzerstörer". Seit der Novellierung der EN-Flugtestnorm 926-2 im vergangenen Jahr sind aber genau solche 50-Prozent-Frontklapper im Rahmen der Tests vorgeschrieben. In der Folge gelten typische Zweileiner nun nicht mehr als zulassungsfähig gemäß EN. Es sei denn, man geht konstruktiv neue Wege.

Die Leinenaufhängung des "Zweileiners" Pure 2 (links) im Vergleich zu einem
klassischen Dreileiner von Airdesign. A- und B- Ebene sind weit
zurückversetzt. Die C-Ebene hinten stützt den Flügel nur im Fall
eines Klappers. // Foto: Airdesign
Airdesign-Konstrukteur Stephan Stiglair macht vor, wie es doch gehen kann: Das Schirmmodell Pure 2 schaffte die EN-Zulassung in der Klasse D, obwohl sein Kappenaufbau alle typischen Merkmale eines Zweileiners aufweist: Klassisches Zweileiner-Flügelprofil, stärker zurückversetzte A-Ebene, die B-Ebene etwa auf der Hälfte der Flügeltiefe. A- und B-Leinen tragen die gesamte Last des Piloten. Im Flug kann zudem der Anstellwinkel des Flügels durch ein Ziehen an den B-Tragegurten kontrolliert werden.

Am Tragegurt des Pure 2 ist auch eine zusätzliche C-Ebene zu finden. Deren Leinen sind im Normalflug aber unbelastet und haben nur eine Funktion: Im Fall bestimmter Flugzustände nach großen Klappern stützen sie die hinteren Flügelteile. "Mit der C-Stammleine kann ich die Frontklappertiefe gut dosieren und jegliche Tiefe erreichen, die die Norm erfordert", erklärt Stiglair. Er bezeichnet den Pure 2 als einen "Zweileiner mit drei Leinenebenen". Sollte sich diese Technik in der Praxis als vorteilhaft gegenüber klassischen Dreileiner-Wettkampfschirmen erweisen, sind vermutlich bald auch von anderen Herstellern ähnliche Lösungen zu erwarten.

Der Pure 2 kommt noch mit weiteren konstruktiven Kniffen daher. An den Stabilos sind Löcher im Segel, durch die Luft aus dem Inneren ausgeblasen wird. "Vortex Holes", nennt Airdesign dieses Feature im Marketing-Slang. Angeblich soll das Ausblasen der Luft die leistungsmindernden Randwirbel des Flügels entschärfen und so ein paar Zehntel mehr Gleitleistung bringen. Das zumindest sollen Tests gezeigt haben, so Stieglair, bei denen ein Prototyp auf einer Flügelseite mit, auf der anderen ohne Vortex Holes geflogen wurde.

Tatsächlich spürbar ist für die Piloten aber sicher ein anderer Effekt: Der Steuerdruck ist angenehmer und auch manche Klapper fallen harmloser aus, weil der durch die Sharknose erhöhte Innendruck des Flügels im Bedarfsfall auch mal schneller über die Ohren entweichen kann.